Samstag, 24. Januar 2009
 
Neuer Friedensanlauf in Sri Lanka PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Leonhard   
Samstag, 28. Juli 2007

Der blutige ethnische Konflikt in Sri Lanka geht ins 25. Jahr. In den letzten Monaten haben Regierungsarmee und die tamailischen Rebellen (LTTE) vor allem an der Ostküste um jeden Quadratmeter Boden gekämpft. Die Fronten scheinen verhärtet. Trotzdem kristallisierten sich  zuletzt bei einem Treffen in Österreich neue Friedensinitiativen heraus.


Mitte Juli eroberte Sri Lankas Armee die letzte Bastion der Tamilischen Befreiungstiger in der Ostregion. Thoppigala, ein entlegenes Felsenrefugium im Urwald, wurde von etwa 1000 Rebellen der LTTE kampflos geräumt. Erstmals seit 14 Jahren wird jetzt die gesamte Region von der Armee kontrolliert. Die Provinzen an der Ostküste, wo Singhalesen, Tamilen und Muslime in unterschiedlicher Durchmischung leben, waren seit mehr als einem Jahr Schauplatz erbitterter Kämpfe um die militärische und politische Vorherrschaft. Ob sich  die LTTE-Kämpfer jetzt in den fast rein tamilischen Norden zurückgezogen haben oder in kleineren mobilen Gruppen weiterhin im Osten operieren, ist umstritten. Hinterhalte, wie zuletzt auf einen Truppentransport, bei dem zehn Soldaten starben, sprechen jedenfalls für die unverminderte Schlagkraft der Rebellen. Für die durch Skandale und hohe Inflation in Bedrängnis geratene Regierung von Präsident Mahinda Rajapakse sind die militärischen Erfolge aber derzeit das einzige Mittel, Stärke zu signalisieren.

G. L. Peiris

Exportminister G. L. Peiris sieht diesen Moment als politische Wasserscheide: „Die Regierung kann jetzt in den Ostprovinzen Wahlen abhalten, in die Wirtschaft und die Infrastruktur investieren“. Die Bevölkerung solle diesen Fortschritt bald spüren. Bischof Rayappu Joseph

Rayappu Joseph, Bischof der im Nordwesten gelegenen Stadt Mannar, teilt diese Ansicht nicht. Er hält die geplanten Wahlen für eine Farce, solange die Region nicht nur militarisiert ist, sondern auch die paramilitärischen Truppen der sogenannten Karuna-Gruppe bewaffnet herumlaufen. Karuna ist ein ehemaliger Kommandant der LTTE, der sich vor mehr als drei Jahren mit seinen Leuten abspaltete und jetzt die ehemaligen Kameraden attackiert. Unabhängige Quellen bestätigen, daß seine Leute unter dem Schutz der Armee ungehindert agieren können. Peiris bestreitet nicht, daß die paramilitärische Präsenz ein Problem ist. „Mit diesem Problem hat Sri Lanka schon lange Zeit leben müssen, sei es jetzt Karuna oder andere bewaffnete Gruppen. Aber die Wiederbelebung der Demokratie kann nicht ewig aufgeschoben werden“.

Peiris und Joseph sind zwei von 15 srilankischen Teilnehmern an einem Seminar, das seit Montag in einem Hotel bei Wien Konfliktlösungsmodelle diskutiert. Neben einer Ministerin und drei Ministern sind es religiöse Autoritäten, Akademiker, prominente Journalisten und Vertreter engagierter NGOs, Singhalesen wie Tamilen, Buddhisten wie Hinduisten, Christen und Muslime, Vertreter der Regierung wie der Opposition. Veranstalter ist das in Wien ansässige Institute for Integrative Conflict Transformation and Peacebuilding (IICP), das sich mit Mitteln des Außenministeriums bemüht, die scheinbar unvereinbaren Positionen einander anzunähern. Gudrun Kramer, Ko-Direktorin, IICP

Bei diesem bereits fünften Treffen auf österreichischem Boden ging es darum, zu analysieren, warum der Friedensprozeß gescheitert ist. Das Waffenstillstandabkommen vom Februar 2002 besteht ja nur mehr auf dem Papier. Mehr als 4000 Menschen, mehrheitlich Zivilisten, wurden allein seit der Amtsübernahme von Präsident Mahinda Rajapakse im November 2005 Opfer von bewaffneten Aktionen. Vertrauensbildende Maßnahmen hätten gefehlt und das Abkommen wurde als Alleingang der damals regierenden United National Party (UNP) betrachtet, hieß es in den Debatten. So fühlte sich die neue Regierung nicht daran gebunden. Die Lösung wird in einem Konsens aller politischen Kräfte gesehen. In der Praxis regieren die beiden großen Parteien SLFP und UNP seit einem halben Jahr gemeinsam. Rajapakse nahm führende Köpfe der UNP in seine Regierung auf. Darunter G. L. Peiris, der die Anzahl der Kabinettsmitglieder auf „ungefähr 50“ schätzt. In einem Gespräch mit Staatssekretär Hans Winkler lobte Peiris am Freitag die Rolle des IICP und wünschte sich eine aktivere Rolle Österreichs. Mit seiner Tradition der Friedensvermittlung sei das Land Prädestiniert, der Regierung zu helfen, einen für alle akzeptablen Entwurf für tamilische Autonomie zu formulieren.


Fotos: Ralf Leonhard

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